Wilder Kaiser – Klettersteige und Wandern 

02.09. bis 08.09.2025

Durch kurzfristige, krankheitsbedingte, Absagen hat sich unser Kreis auf sechs Wanderwillige reduziert: Sabine, Andreas, Georg, Jürgen, Kurt (ohne „H“) und Klaus. Vielen Dank an dieser Stelle für das schnelle Einspringen als Fahrer an Sabine und Jürgen.

Wir haben uns um 06:45 Uhr am Pendlerparkplatz bei Erlangen-Nord getroffen und konnten gemeinsam starten. Auf der Autobahn haben wir uns dann aus den Augen verloren – während ein Auto auf einem Rastplatz vom Stau erfahren hat, ist das Andere direkt hineingefahren. Im Endergebnis sind beide Fahrzeuge nur um Minuten unterschiedlich am Ziel, dem Parkplatz Kaiseraufstieg, angekommen. Dass unterwegs das traditionelle heftige Gewitter war, muss nicht betont werden.

Kurz noch ein Gruppenbild und schon geht es über Treppenstufen nach oben. Bei rund 100 Stufen zeigt uns Komoot an: „Falscher Weg“. Nach kurzer Diskussion kehren wir nicht um, sondern steigen weiter: An einer Spitzkehre ist der „richtige“ Weg nur 20m Luftlinie entfernt – das ist querbeet-technisch kein Problem. Allerdings müssten wir da an einer steil abfallenden Felswand entlang, wir nehmen dann doch lieber die restlichen 200 Stufen in Angriff und stehen bald darauf am Eingang zum Kaisertal. Auf breitem Touristenweg steigen wir stets bergan und haben an einer Kreuzung die Wahl, zu einem Berggasthof mit Sauna oder auf den geplanten Weg abzubiegen. Natürlich wählen wir die Variante „Weg“. Wobei sich der Weg in einen Pfad, dann in eine Trampelspur und dann ins Nichts ändert. Wegloses Gelände mit zahlreichen umgestürzten Bäumen, viel Laub und etlichen Möglichkeiten zum Rutschen und Stolpern gibt uns die Gelegenheit, Trittsicherheit und Spürsinn „wo geht es weiter?“ zu beweisen. Nach einem Joch sehen wir unter uns die Rogeralm und den Hauch eines Weges. Dieser bringt uns dann auch wieder auf den Fahrweg und unter dunklen Regenwolken gelangen wir zur ersten Unterkunft: „Die Ritzaualm“. Wir können unsere sehr modernen Zimmer mit eigener Dusche und WC sofort beziehen und genießen den gebotenen Luxus. Nach dem angekündigten Regen läutet ein kompletter Regenbogen den Abend mit leckerem Essen ein.

An Tag 2 klären wir erst noch die Nutzbarkeit eines temporär gesperrten Weges (wegen der Renovierung der Vorderkaiserfelden-Hütte wird die dortige Materialseilbahn mit Baumaterial beladen und gilt deshalb als Gefahrenquelle). Da keine Gondel in Sicht ist, queren wir diese Wegstelle und beginnen auf dem Höhenweg 811 unsere Tour Richtung Stripsenjoch-Haus. Entlang der Felsausläufer des Zahmen Kaisers kommen wir über Waldwege, Bergwanderpfade, Wurzeln und Geröllhalden zur Hochalm, auf der ein uriger Senior uns mit Getränkeflaschen und dann auch mit Gläsern versorgt. Mit Blick auf den Stripsenkopf und das Massiv des Wilden Kaisers nehmen wir das letzte Wegstück bis zur Hütte in Angriff, unterwegs motivieren zwei Wegebauer mit „es ist nicht mehr weit“. An der Hütte rasch anmelden, in das System mit den Kunststoffboxen eingewiesen werden und das Gepäck unterbringen: 15 min Aufstieg bis zum ersten Klettersteig locken uns schnell weiter. Am Einstieg noch ein Foto, dann geht es los. Der erste Steig mit B/C kommt uns doch recht schwer vor – sollten die Beine von der Wanderung schwer sein ? Ein nettes Hinweisschild auf den zweiten Steig führt uns weiter, wieder einhängen und hochgeklettert. Dann trennen sich unsere Wege, Georg und Andreas nehmen den dritten Steig (nach längerer Suche der Einstiegstelle) in Angriff, während sich der Rest auf dem Normalweg zum Gipfel aufmacht. Ein Holzpavillon bietet ein tollen Rund-um-Blick, dann geht es, nicht ganz unschwierig wieder zur Hütte und zu einem Belohnungsgetränk.

Der Wetterbericht hat Recht gehabt: Ein toller Sonnentag bricht an, wir starten so früh als möglich, um lange im Schatten zu bleiben. Ein kurzer Abstieg ins Griesener Kar, dann nach rechts auf den Eggersteig. Dieser ist seilversichert, fordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, spart aber gegenüber dem Normalweg mit weiterem Ab und Auf rund 40 min und stellt uns vor keine Probleme. Nach einer Rechtskurve sehen wir dann den Aufstieg vor uns: Durch die Steinerne Rinne hoch zum Ellmauer Tor. Links und rechts ragen riesige Felswände empor, im unteren Bereich helfen Stahlseile zur Bewältigung und es gibt wirklich nur Steine zu sehen. Am Ellmauer Tor (2078m) leisten wir uns in großer Gesellschaft eine ausgiebige Rast und genießen die traumhafte Aussicht bis Groß Glockner und Groß Venediger. Ohne Rucksack nehmen wir den Aufstieg zur Hinteren Goinger Halt (2192m) in Angriff. Der Gipfel ist sehr eng, die grandiose Rundumsicht entschädigt aber über die vergossenen Schweißtropfen. Somit sollte die Besteigung immer in die Touren eingeplant werden. Zurück am Ellmauer Tor nehmen wir unser Gepäck auf und steigen zum Geröllfeld ab. Viele nehmen hier den scheinbar besseren Weg durch das Geröllfeld, wir entscheiden uns für den Kübelkarsteig am Rand des Gerölls und kommen gut voran bis zur Kreuzung Gaudeamushütte und Gruttenhütte. Die angeschriebene Gehzeit von 1 Stunde benötigen wir dann auch: Die Hütte, vom Tal gut erreichbar, ist sehr gut besucht, die vielen Tische unter den Sonnenschirmen alle besetzt, ein kleines Eckchen ist für uns noch frei. Bei diesen hochsommerlichen Bedingungen ist es schwer vorstellbar, dass der Wetterbericht für morgen heftige Regenfälle vorhersagt, doch die Aussagen stabilisieren sich und nur kurze regenfreie Zeitfenster werden angekündigt.

Am nächsten Morgen ist tatsächlich alles nass, es gab nachts heftigen Regen und so kommt die Regenkleidung zum ersten Einsatz. Eigentlich wäre heute der Ellmauer Übungsklettersteig an der Reihe, doch die Nässe und die damit verbundene Rutschgefahr lässt uns auf den Steig verzichten. Auch so geht es gut bergauf. Es ist schwer zu sagen, ob die feuchte Kleidung von innen oder von außen kommt. Am östlichsten Punkt der Tour schwenken wir auf den Wilder Kaiser Steig ein, kleine Kletterstellen mit Tritteisen und Seilsicherungen wechseln mit Bergpfaden durch hüfthoch bewachsene Wiesen ab.  Das Geröllfeld unter dem Ellmauer Tor queren wir heute auf einem festgetretenen Pfad und beginnen an dessen Ende den Jubiläumssteig. Das ist ein interessanter, teils sehr ausgesetzter und schwieriger Bergweg (in der Literatur auch als einfacher Klettersteig beschrieben), mit den üblichen Stahlseilen, Tritthilfen und auch Leitern. An einem Felsdurchbruch ähnlich dem Törl am Heilbronner Weg werden flink viele Fotos geschossen, eine größere Rast verhindern die immer dunkler werdenden Wolken, wir sind in einem Gelände, das am Besten im Trockenen bewältigt wird. Wir kommen am frühen Nachmittag am Tagesziel, der Gruttenhütte an. Hier ist alles etwas anders, als in den bisherigen Hütten: Die Eintreffenden werden gruppenweise in den Gebrauch des Trockenraumes und in die Kunst des Verpackens in Kunststoffboxen eingewiesen, die mitgebrachte Brotzeit darf nicht in der Stube verzehrt werden, vor dem gemeinsamen Abendessen gibt es eine Ansprache vom Hüttenwirt. Darin wird die Funktion des Hüttenbuches, die Wichtigkeit der Bergrettung und der Ablauf von Frühstück (Punkt 07:00 kommt der eine Raum zum Buffet, der andere Raum hat seinen Rucksack zu packen und darf 07:20 zum Frühstück) und Abendessen (tischweise darf nach Aufforderung entweder zur Suppenausgabe oder zum Salatbuffet gegangen werden). Ein abschließendes gemeinsames Lied beendet die Einweisung und steigert die Freude auf ein ruhiges Essen (die gesamte Gruppe muss entweder 3-Gänge-Menü oder Bergsteigeressen nehmen). In der Hoffnung auf einen sonnigen nächsten Tag beziehen wir bis pünktlich 22:00 Uhr unser Quartier.

Damit auch alles seine gewünschte Ordnung hat: Wir stehen Punkt 06:59 Uhr zum Frühstück bereit und genießen beim Blick aus dem Fenster den strahlend blauen Himmel, eine schneeweiße Wolkendecke unter uns im Tal und eine beeindruckende Fernsicht. Mit leichtem Gepäck (wir übernachten noch mal beim regelungswütigen, aber guten Wirt) gehen wir die heutige Etappe an: Knapp 800 Hm über den Gamsänger-Klettersteig (B/C) auf den höchsten Gipfel des Wilden Kaisers, die Ellmauer Halt. Wir starten über das übliche Wiesengelände, passieren ein sehr langes Schotterkar mit vielen roten Markierungen und genauso vielen Pfaden, erreichen den Einstieg und kommen über ein felsiges, mit Gras durchsetztes brüchiges Gelände gemäßig steil bergan. Nach einer kleinen Gratüberquerung sehen wir ein Highlight des Steiges: „Die Jägerwandtreppe“. Mit 70 Doppeltrittbügeln und einem eisernen Laufsteg geht es an einer senkrechten Felswand entlang (manche Trittbügel sind nach unten verbogen bzw auch locker, dem Steinschlag gedankt). Über eine Reihe von Kletterstellen und seilversicherten Passagen kommt die Gabelung: Links haltend über eine senkrechte Leiter oder rechts durch einen sehr ausgesetzten Felsriss. Nach der Leiter über ein Felsplateau, größere Felsstufen überwindend, am Notbiwak vorbei kommt der Gipfel mit frischen Schneeresten in Sicht. Eine letzte kleine Kletterstelle und das Gipfelkreuz mit dem fantastischen 360° Panorama ist da. Wegen des kalten Windes und dem Platzmangel nach dem Eintreffen einer geführten 8er Gruppe geht es schnell wieder hinab. Da es auf dem gleichen Weg wieder zurück geht, sollte es keine Schwierigkeiten geben, doch auch da kann man sich versteigen. Viele Fotostopps später sind wir wieder an der Gruttenhütte zurück und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Da die Gaststube bis kurz vor dem Essen gesperrt bleibt (siehe Eigenarten des Hüttenwirts) sieht man ganze Menschengruppen im Takt mit den Sonnenstrahlen immer weiter weg von der Hütte wandern. 15 min vor dem offiziellen Essensstart kann die Stube betreten werden und, Überraschung, der uns zugeteilte Tisch ist in den Nachbarraum verlegt und wir teilen diesen mit 3 Niederländerinnen. Wir erinnern uns: Dieser Raum „durfte“ erst um 07:20 zum Frühstück – dies freut einen Wanderer unserer Gruppe ganz besonders. Doch es kommt anders: Die neue Zuteilung bedeutet wieder Frühstück um 07:00 und noch eine Änderung zum Vortag: Kein gemeinsames Lied, sondern ein vielstimmiges „hoch Tirol“, sage noch einer, der Hüttenwirt sei nicht flexibel !

Auch Tag 6 hat vollen Sonnenschein. Das erste Drittel des Weges ist wie am Vortag, nach der Jägerwand zweigen wir nach links in die Rote-Rinn-Scharte ab. Im ersten Teil noch Klettersteig, dann erfolgt der Übergang in eine steile Geröllrinne mit einem Wechsel von feiner Körnung (gut zum Rutschen) und groben Brocken (konzentriertes Gehen). Nach dem Abzweig zum Kaiserschützensteig geht die Geländebeschaffenheit in grasiges Gelände über und wir machen Brotzeit. Es sollte die längste der Tour werden: Zum Einen konnten wir drei Kletterer beobachten, bei denen es nicht so recht vor oder zurück ging und zum Anderen mussten unbedingt die Reste an Käse, Speck, Butter und Brot verzehrt werden. Über eine längere Steilstufe und zwei Bachüberquerungen geht es ins Tal hinab, ein kleines Wäldchen und wir stehen vor dem Hans-Berger-Haus. Eine freundliche Begrüßung und ein „geht schon mal auf euer Lager“ ist die gesamte Prozedur beim Anmelden, was für ein Unterschied zur letzten Unterkunft. Auch der Waschraum ist anders: Drei Duschen mit warmen Wasser, keine Zeitbegrenzung, nur eine 4 Eur Pauschale – aber keine Waschbecken. Der Rest-Nachmittag wird mit Ausruhen im Liegestuhl und dem einen oder anderen Gespräch verbracht, das gemeinsame Essen in einer urigen Stube aus der Gründerzeit der Hütte startet auch hier um 18:30, wir können nicht sagen, dass uns der Vortrag des Hüttenwirtes fehlt. Um das gute Essen abzuschließen, leisten wir uns eine Runde Verdauungsgetränke und können den Enkel der mit am Tisch sitzenden österreichischen Dreiergruppe zu einem Kiefernschnaps animieren – sein Kommentar: Ich habe schon Besseres getrunken …. Zum Tagesabschluss spielt Andreas für uns auf der Gitarre und singt so gut, dass die Hüttenwirtin gerne eine Zugabe hätte.    

Der Abschlusstag beginnt mit dem Holen des Frühstücks direkt in der Küche. Das Wetter ist bewölkt, aber nicht unfreundlich. Nach kurzer Zeit kommen wir zum 1900 erbauten Anton-Karg-Haus (auch unter Hinterbärenbad bekannt), hier beginnt der 500 Hm Aufstieg Richtung Obere Steinbergalm. Der Steig zieht sich durch ein steil abfallendes Waldgebiet, dabei werden sechs Bachrinnen ohne Hilfen, mit einfachen Brückchen und mit kunstgerecht gezimmerten Übergängen passiert. Kurz vor dem Übergang ins Almgebiet begegnen uns die Niederländerinnen aus der Gruttenhütte, ein kurzes Hallo, ein freundliches Lächeln und es geht weiter. Am Abzweig zum Brentenjoch wechseln wir auf den sogenannten Bettlersteig, der mit sehr viel Enzian am Wegesrand punktet und sich durch verschiedene Geländeformen schlängelt. Nach kurzer Rast im Gipfelbereich und einem letzten Rund-um-Blick geht es, begleitet von etlichen Tagestouristen, zur Brentenjochalm und einer letzten Einkehr. Auffallend sind die freilaufenden Weidetiere, während das Fahrzeug der Hüttenbetreiber mit einem Elektrozaun geschützt ist. Ein letzter Anstieg und wir sind an der Gipfelstation des Kaiserliftes, der uns als 1er Sessellift mit Umsteigen zurück nach Kufstein bringt. Ein letzter Kilometer auf der Straße und wir sind zurück am Parkplatz, wo uns Andreas mit kühlen Getränken überrascht. Ein kurzer Abschied und die Autobahn nach Erlangen hat uns wieder. 

Schön war´s.

Organisation und Text: Klaus K. 

Fotos: Klaus K. und Andreas B.